Sonntag, 27. Juli 2014

mirácoli & chopin

es ist sonntag. heute frage ich mich, welche liebe mich eher erreicht- die, die durch den magen geht, oder die, die in meine ohren dringt. nun, wenn ich mich an meine kindheit und jugend erinnere, fällt mir auf, das geräusche, klänge und musik nachhaltig mehr in mir bewirken.
wenn ich an die plätzchen denke, welche meine mutter an silvester, ja an silvester, gebacken hat, berührt es mich auch. das war so ein mürbeteig, welchen sie dann mit marmelade bestrich und kurz nochmal in den ofen schob. was herauskam waren kleine inseln, mit roten flecken. sie türmte sie zu einem berg auf & ich bediente mich, bis mir schlecht wurde. auch fand ich als ostblock-kind mirácoli ganz toll. und milka schokolade, milchschnitte und dr. oetker schokoladenpudding. vielleicht waren es aber auch einfach nur die gerüche der leckereien, welche sich tief in mein erinnerungsvermögen bohrten.

aber wenn ich so recht überlege blieben die musik oder auch die geräusche eher hängen. sei es eine ballade von chopin, welche meine mutter am klavier spielte, die schwalben die damals den himmel in lodz jagten oder das tellerklappern einer hotelküche, in welchem wir unsere ferien verbrachten.
heute passiert tatsächlich immer was in mir, wenn ich irgendwo geschirrklappern vernehme- oder mauersegler den stadthimmel kreuzen. chopin zwingt mich doch hier und da feuchte augen zu bekommen. aber ich mag es. tatsächlich.

ich frage mich, was die menschen da draussen berührt? eine stimme, vielleicht wie opa sie hatte, den man sehr gerne hatte oder der duft von vanille, der so manchen kleinen unter uns in die küche und an den backofen trieb. man zählte die minuten bis endlich der marmorkuchen diese heisse hölle verließ und sich auf den kleinen kühlen teller niederlegte. oder an das after-shave des vaters, der zur arbeit ging und sich von allen mit kleinen küsschen verabschiedete.
sind denn diese dinge gerade nicht auch dinge, die uns sicherheit und wärme vermittelt haben? das gefühl, dass die welt tatsächlich in ordnung war? dass die mutter sonntags gut gelaunt und frisch frisiert pflaumenknödel gemacht hatte, dabei das radio 'oh happy day' trällerte & man ganz aufgeregt den tisch deckte, weil pflaumenknödel mit zimt und zucker eine leibspeise waren? ja, man war glücklich. die welt war in ordung.
auch, wenn mirácoli und chopin nicht wirklich zusammenpassen. in meiner kleinen welt hatte alles einen passenden platz. sowohl den in den ohren, wie auch den im magen.