Mittwoch, 28. November 2012

grösse



    alle fehler die man hat, sind verzeihlicher als die mittel,
                die man anwendet, um sie zu verbergen.

                    -françois de la rochefoucauld-

Sonntag, 25. November 2012

sonntag







Samstag, 24. November 2012

am ende eines tages

'wie war dein tag?'
'anstrengend!' nach einer kurzen pause: 'und deiner?'
'ich habe strumpfhosen gekauft. schuhe zum schuster gebracht. meinen mantel aus der reinigung geholt. habe eine reinigungsmaske gekauft. die putzfrau bezahlt. max zum klavierunterricht gefahren. ich war bei der bank. im buchhandel. im grossmarkt & habe tomaten geholt. habe max wieder vom klavierunterricht abgeholt. und ich habe den ehering verloren.'
'ich finde dein tagesplan ist zu voll. du solltest mehr für dich tun schatz!'

Mittwoch, 21. November 2012

fremde




auf dem hotelzimmer ist es leise, obwohl der grosstadtlärm draussen tobt. das weiss ich, ohne es zu hören. die nacht schmeckt noch nach roastbeef und irgendeinem rotweinklassiker aus frankreich.  erhitzt schlage ich die decke auf. denke an die vergangenen stunden zurück. strecke mich und bleibe saftlos auf den steifen, geruchlosen laken liegen. meine armbanduhr zeigt kurz nach acht uhr an. die frau neben mir schläft. ich weiss gerade nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll. gut wäre es, wenn sie aufwacht und sich die nacht fortsetzt. gut wäre es, wenn sie nicht vor lauter euphorie morgentlichen mist erzählt. schlecht wäre es, wenn sie aufwacht und keinen sex will. schlecht wäre es, wenn sie weint oder wenn sie heimlich im bad telefoniert. mit ihren freundinnen oder ihren kindern. schlecht wäre es, wenn sie denkt es sei mehr als nur ein einmaliger akt.

ich drehe mich zur seite. schön ist sie nicht wirklich. sie hat was, ja. aber schön ist sie nicht. jetzt wo sie zusammengerollt und im laken verschlungen neben mir liegt, verblasst das bild der dame vom vorabend. ich sehe reste von make-up. reste vom rotwein entlang ihrer mundwinkel. sie atmet schwer. ihre stirn wirft falten auf. Ich kann mich nicht mehr an ihre stimme erinnern. an ihr stöhnen jedoch schon. ich schätze sie auf knapp 45. unoperiert. mutig in der heutigen zeit. ihre nase ist etwas krumm. ihre stirn rund. merkwürdige kombination. ihr haar ist gepflegt. das getönte haselnuss wirkt echt. ich drücke mich hoch und sehe ihre kleidung. zertstreut liegt diese auf dem boden. ihren BH hat sie als letztes ausgezogen. das höschen früher. wahrscheinlich mag sie ihren busen nicht. ich mochte ihn für diese nacht. für länger nicht. zu gross. ihre wildlederpumps gefallen mir schon besser. auch der rock und das seidenhemd wirken aufgeräumt und sehr qualitiativ. ihren schmuck hat sie anbehalten. während ich sie von hinten nahm, sah ich ihre hände an. ich kann mich täuschen, aber mir fiel ein ehering auf. daraufhin nahm ich sie härter. ehebruch kann ich nicht leiden.  
gerne möchte ich aufstehen. aufs klo gehen. sie wecken. sie wegschicken. doch irgendwas lähmt mich. ich weiss nicht was. vielleicht die härte meines schwanzes. ich weiss es nicht. Ich kann mich nicht mal an ihren namen erinnern. er ist einfach zu gewöhnlich. ländlich. bedeutungslos. solche frauen haben mir noch nie das leben schwer gemacht. 
sie öffnet die augen und ich schliesse sie schnell. 
‚wo bin ich?‘
‚im hotel.‘
‚hast du eine aspirin?‘
‚nein! ich nehme keine tabletten.‘
‚verstehe.‘ 
sie ist gekränkt. spätestens jetzt bereut sie es. sie bereut es mich angesprochen zu haben. sie bereut es mich überhaupt erkannt zu haben. sie bereut es mir geschmeichelt zu haben. erst nippte sie am champagner. danach kippte sie mit grossen schlucken ihre unsicherheit runter. das abendessen rührte sie kaum an. das reh wurde auf ihrem teller so langsam kalt und zäh. das gespräch jedoch wurde flüssiger. ihre augen grösser, ihr mund weicher, gieriger. ich hatte sie in der hand. sie wollte mich. aber nicht wirklich mich. sie wollte aufmerksamkeit. sie schien in vergessenenheit geraten zu sein. in der ehe. im beruf und schon sehr lange in ihrer geschwisterkette. sie wollte sich rumtreiben. sie wollte beachtung. und jetzt bereut sie es. ich ärgere mich, aber ich möchte ihr ein gutes gefühl geben.
‚kaffee?‘
‚ja!‘ 
‚hallo? hier zimmer 375, zwei kaffee bitte. ja, croissants können sie auch mitbringen, ja. und spielgeleier für zwei. ohne speck. ok, vielen dank.‘
etwas verwundert sieht sie mich an. ich wundere mich auch selbst über mich und rühre mich nicht von der stelle. meine augen starren die decke an. dann schaue ich rüber.
sie sieht ihre wildverteilte kleidung und ich höre ein leises schlucken. ja, sie möchte alles rückgängig machen und von der feuchten lust zwischen ihren beinen bleibt nur noch eine trockene erinnerung übrig. sie möchte weg. vorher möchte sie noch paar takte reden, um sicherzustellen, dass es nur ein fick war. und dass alles bedeutungslos ist. das reden soll ihr auch die hemmungen nehmen das bett zu verlassen und sich im bad endlich frisch zu machen. so denkt sie sicher. reden, um den rettenden roten teppich zum bad auszurollen. innerlich lächle ich. wie durchschaubar sie doch ist.
an der türe klingelt es. wahrscheinlich der zimmerservice. ich stehe auf. mit nacktheit habe ich kein problem. sie schon. gerade höre ich noch, wie die badtüre zufällt. jetzt ist sie in sicherheit.

‚mit milch oder ohne?‘ ich stehe vor der geschlossenen badezimmertüre.
‚mit bitte!‘ ihre stimme wirkt nicht dünn. so rein gar nicht.

dann kommt sie raus. im hotelbademantel und mit ihrem handtuchturban erscheint sie selbstsicherer. völlig ungeschminkt und unausgeschlafen. so sieht sie wie mitte 30 aus. habe ich mich etwa geirrt?
schüchtern greift sie nach der kleinen kaffeetasse und schaut aus dem fenster. 
irgendwas passiert in mir. je scheuer und kindlicher sie wird, desto mehr möchte ich sie im hotelzimmer behalten. nicht, weil ich nochmal mit ihr schlafen muss, das wäre ok, aber irgendwie möchte ich wissen wer sie ist. hinter dieser fassade.

‚bleibst du noch lange in der stadt?‘ mir fällt keine bessere frage ein.
‚nein. Ich reise heute ab.‘ nickend schaut sie mich an.
‚geht es deinen kopfschmerzen besser?‘
‚nein, aber sobald ich an der luft bin wird es besser.‘ sie steht auf, sucht ihre sachen zusammen und verschwindet im bad.
sie stellt keine fragen. sie weint nicht. sie möchte gehen. sie will keinen sex mehr. ich ehrlich gesagt auch nicht mehr. etwas verloren sehe ich mich in meinem hotelzimmer um. es ist halb zehn und irgendwie ist mir kalt. ich höre den fön und die klospülung und nach paar minuten kommt eine frische persönlichkeit auf zehenspitzen heraus. sie sieht besser aus. besser als gestern. besser als heute morgen. geschminkte wahrheiten ertrage ich wohl besser als ungeschminkte.
kurz kramt sie in ihrer riesigen handtasche. dann wirft sie den mantel über, ohne dass ich ihr reinhelfen durfte. 
‚vielen dank für die nacht!‘ guterzogen verabschiedet sie sich. gibt mir die hand, welche klein und warm ist. ich lasse nicht los. sie schaut sie mich an. etwas kühl. ja. irgendwas ist passiert. ich komme mir albern vor. ich stehe mit meinen 65 jahren in meinem hotelzimmer. halbnackt. in rosafarbenen boxershorts und dunkelbraunen kniestrümpfen. drei scheidungen habe ich hinter mir. paar affären. eine bypass-operation. zwei erwachsene kinder. eine buchsignatur. dann ein weiblicher fan in der menge. sie wollte endlich mal wieder auffallen. ich wollte endlich mal wieder sex. jetzt möchte ich reden. sie möchte gehen. jetzt möchte ich auffallen. doch sie wollte nur sex.
ich umarme sie. fest. halte ihr dichtes, rehbraunes haar in den händen. und rieche an dem fremden parfüm, welches mich an früher erinnert. dann lasse ich sie gehen und mir ihr einen mir unbekannten teil meines lebens.

Sonntag, 18. November 2012

10.11.12