Montag, 20. Januar 2014

o du

 – – wie nenn ich dich? käthchen! warum kann ich dich nicht mein nennen? käthchen, mädchen, käthchen! warum kann ich dich nicht mein nennen? warum kann ich dich nicht aufheben, und in das duftende himmelbett tragen, das mir die mutter, daheim im prunkgemach, aufgerichtet hat? käthchen, käthchen, käthchen! du, deren junge seele, als sie heut nackt vor mir stand, von wollüstiger schönheit gänzlich triefte, wie die mit ölen gesalbte braut eines perserkönigs, wenn sie, auf alle teppiche niederregnend, in sein gemach geführt wird! käthchen, mädchen, käthchen! warum kann ich es nicht? du schönere, als ich singen kann, ich will eine eigene kunst erfinden, und dich weinen. alle phiolen der empfindung, himmlische und irdische, will ich eröffnen, und eine solche mischung von tränen, einen erguß so eigentümlicher art, so heilig zugleich und üppig, zusammenschütten, daß jeder mensch gleich, an dessen hals ich sie weine, sagen soll: sie fließen dem käthchen von heilbronn! – – 

(graf von strahl /käthchen von heilbronn/ heinrich von kleist)