Mittwoch, 26. Juni 2013

zimt und sahne

sie roch nicht wie andere. sondern nach zimt und sahne. ich möchte sie bewusst nicht eine prostituierte nennen, aber sie war eine. jeden donnerstagnachmittag um halb vier traf ich sie. zum reden. in einem café. oft habe ich mich gefragt, weshalb ich sie nicht komplett in anspruch nahm. aber es ging nie darum. ich wollte reden. das fehlte mir. den rest hatte ich.
so trafen wir uns seit über 6monaten. egal ob es draussen regnete, schneite oder die sonne schien. wir redeten über alles. über ihren job. über meinen job. über meine kinder. über ihren freund. über meine frau. über meine freundin. über ihre mutter. nach einer stunde war alles gesagt. und jeder ging seinen weg.
vorletzten donnerstag kam sie nicht. auch letzen donnerstag nicht. ich rief nicht an. ich schrieb ihr. sie antwortete nicht. ich schrieb nochmal. wieder antwortete sie nicht.
heute sitze ich an meinem platz im café und tippe genau diese zeilen. es ist kurz vor 4uhr nachmittags. es regnet. jede türe, welche sich öffnet, lässt mich freudig aufblicken. doch sie ist es nicht. ich weiss nicht, ob was passiert ist oder ob sie einfach keine lust mehr hat. keine lust mehr hat auf die gespräche oder auf diese merkwürdige art ihre arbeit zu erledigen. ich weiss es nicht. ich weiss nur, dass ich sie vermisse. ihren strengen dunkelblonden pferdeschwanz, ihre weichen augenbrauen, ihre grünen augen und ihre zahnlücke. ich mag ihre stimme und wenn sie lacht. sie ist klug. doch wollte sie nie mehr daraus machen. später mal, sagte sie oft. später mal, wenn ich genug geld habe, sagte sie. und sie meinte es ernst. wieder geht die türe auf. wieder ist sie es nicht. in mir sticht was. so etwas wie aufregung, welche langsam in trauer übergeht. es ist kurz vor 5uhr nachmittags. ich verlange die rechnung. hole meinen mantel. die aktentasche. und plötzlich rieche ich zimt. und sahne. ich drehe mich um und schaue sie an. ehe ich was sagen kann, umarmt sie mich. drückt ihr gesicht fest an meine brust. und weint. ich halte sie. streichle ihren erhitzten kopf. ich will nicht wissen, was passiert ist. ich will keine fragen stellen. ich beruhige sie. ich merke, dass sie mehr nach zimt riecht, als nach sahne. und es gefällt mir. dann schaut sie mich an. wie ein kleines mädchen. ihre augen gerötet, wie auch ihre nase.
ich öffne die türe und wir gehen. es ist kurz nach 5 uhr nachmittags. und der regen hört auf.