Dienstag, 30. Oktober 2012

kurz vor der hochzeit

ist meine frau weggegangen. von jetzt auf dann. es gab keine anzeichen. wir haben uns sehr gut verstanden. wir liebten uns. ich war mir so sicher. so sicher, dass wir für immer zusammenbleiben. sie hatte keinen grund wegzulaufen. dachte ich. auch dachte ich, sie zu kennen. ich hatte mich geirrt. meine frau ist jetzt mit einem anderen menschen zusammen. mir wird übel bei dem gedanken. und dass sie nicht mehr bei mir ist. dass sie woanders aufwacht. morgens nicht viel spricht. vielleicht sex hat. mit zersaustem haar am frühstückstisch sitzt. kaffee trinkt. sich über die nachbarn aufregt oder über die druckerschwärze der zeitung an ihren fingern. ewig im bad braucht und gehasst hat unpünktlich zu sein. oder wenn die spülmaschine unausgeräumt war. oder ich ein hässliches hemd anhatte. oder es regnete. oder die benzinpreise stiegen. ich vermisse jeden zentimeter ihres körpers. jedes lachen. sogar jeden streit.
jetzt streitet sie mit jemand anderem. ich kann mich nicht beschweren. sie sagte ganz offen, wo sie die andere person kennengelernt hat. sie hat nochmal studiert. und hat sie dort kennengelernt. an der uni. ja, eine studentin. ich stellte mir gleich ein bildschönes junges ding vor. mit kilometerlangen blonden haaren und beinen. grossem busen. aber nein. sie hat kurze haare. ist flachbusig. kräftige oberarme hat sie. das sah ich, als sie meiner frau half die kisten aus der wohnung zu schleppen. sie trug kein parfum. ich suchte den damenbart. fand diesen nicht. aber dafür eine tiefe stimme. eine helle haut und dunkle volle lippen. sie gefällt mir nicht. gar nicht. stumm trug sie die sachen mit meiner frau ins auto. kein heroischer blick. kein siegeszuglächeln. nichts ging von ihr aus. auch kein mitleid. ich stand kurz davor, mich aus dem 4.stock vom balkon zu stürzen. warum ich? warum verdammt nochmal ich?!

jahrelang dachte ich, mein schwanz sei meiner frau zu klein. ich versuchte mich an unzähligen pumpen. fühlte mich minderwertig. habe meditiert. potenztabletten genommen. meine frau beruhigte mich immer wieder, dass es ihr nicht auf die grösse ankam. dass 'liebe' das zauberwort war, welches unser sexleben belebte und gleichzeitig beruhigte. sie behielt recht. jetzt hat sie gar keinen schwanz im bett und ist glücklich.
auch wollten wir kinder haben. zwei. woher bekommt sie diese nun? ohne schwanz. ach scheisse verdammt. ich verzeihe ihr das nicht. dennoch bin ich froh, dass es eine frau ist. und kein literatuprofessor aus der uni. mit haar auf der brust, schwanz und hirn.
so bin ich doch zufrieden mit ihrer wahl. mit ihrem schatten, der ihr jetzt alles hinterher trägt. ihr den kaffee kocht. brötchen und zeitung bringt. ihre socken wegräumt. ihre freundinnen erträgt. ihre mutter. ihre töpferkurse. ihre einkaufsorgien. ihre heul- und bauchkrämpfe erträgt. klar. jetzt können sie jeden monat zusammen heulen und menstruieren. das geht. das habe ich gelesen. angleichung der pherhormone oder so nennt man das. jetzt können beide vegetarisch essen. butterlos braten. und ihre fruchtsäfte selbst pürieren. sich mit dem gleichem shampoo die haare gegeseitig waschen. muschis rasieren. und-  herrgott. ich höre auf.

ich liebe meine frau. vermisse sie. möchte, dass sie zurückkehrt. der schatten dürfte sogar mitkommen. die wohnung sauberhalten. den hund rausbringen. und wenn ich keinen hochbekomme- dürfte sie ran. nein! dürfte sie nicht, nein auf keinen fall!

scheisse! komm' zurück zu mir liebste. komm' zurück. ich verzeihe dir.