Montag, 3. September 2012

abends

'hast du noch eine zigarette?'
ich schaue hoch. braune haare. eine runde stirn. wache grüne augen. 
'ja, habe ich noch eine.'
'danke!' die zigarette drückt sich durch ihren kirschfarbenen mund. feuer hat sie selbst.
'ein gutes konzert, oder?'
'ja!' sie schaut den nachthimmel hoch.
'mich beeindruckt die improvisation. so frei und doch so fliessend. noch nie habe ich das in solch einem wechselspiel erlebt!'
'hm, beeindruckend. vor paar jahren hatte ich das schon mal gehört.'
'woher kommst du?'
'ist das so wichtig?' 
'nein, ich- ich bin nur neugierig.'
'ich bin gestern am bahnhof angekommen. ich habe einen koffer dabei. er ist schwer. darin sind all meine sachen. alles was ich habe.'
'ein neues leben?'
'ja. vielleicht.' 
'magst du was trinken?'
'nein, danke. aber eine zigarette könntest du mir noch geben.'
'rauchst du viel?'
'nein, ich hatte aufgehört. und wieder angefangen.'
'gehört das auch zu deinem neuen leben?'
'das kann sein.' leise streicht sie ihr t-shirt glatt. ihre füsse sind braun. der dunkle nagellack blättert. sie scheint tatsächlich neu anzukommen. oder was hinter sich gebracht haben.
'wo schläfst du?'
'bei meiner tante.' sie wirft die zerdrückte kippe in die kanalisation. 'sie hat eine wohnung. lebt allerdings gerade woanders.'
'der koffer ist schon dort?'
'ja!' sie lächelt. ihre zähne sind sind gerade und weiss. 
'wenn du magst schenke ich dir das päckchen zigaretten. ich wollte ohnehin aufhören! vielleicht soll das mein letztes päckchen sein.'
'kannst du das jetzt schon entscheiden?'
'ja, ich fühle das!'
'ok. ich nehme es.' langsam steckt sie die zigaretten ein. ihre hände wirken nicht mehr so jung wie ihr gesicht. die stimme ist rauher als ihr feminines wesen. sie ist anders. 
'wie heisst du?'
'such dir einen namen aus. jeden den du dir vorstellst, passt eher als mein tatsächlicher.'
'ich bin david.'
'angenehm.'
'sehen wir uns wieder?'
'vielleicht david. vielleicht!'
'wenn du angekommen bist?'
'ja.'
'wieder hier?' 
'wieder hier!'
'versprochen?'
sie lächelt. der kirschfarbene mund spannt. sie geht, nein, sie verschwindet in der dunkelheit.

ich sitze immer noch auf dem stuhl. hinter mir die musik. jetzt bräuchte ich eine zigarette. sie hat das päckchen. mein letztes päckchen. und das freut mich. ich atme die luft ein und wieder aus. und hoffe dass sie wiederkommt.