Mittwoch, 1. Oktober 2008

erlesen

'ich benutze mein smegma wie andere ihre parfümflakons. mit dem finger kurz in die muschi getunkt und etwas schleim hinters ohrläppchen getupft und verrieben. wirkt schon beim begrüßungsküsschen wunder.'
grimmepreisträgerin charlotte roche hat ihren ersten roman geschrieben. und der anschlag von 'feuchtgebiete' ist schnell erzählt. nach einer missglückten arschrasur (ja, a-r-sch-rasur) liegt die 18-jährige helen mit einer analfissur im krankenhaus ( 'maria-hilf'). sie nutzt die tage auf der station, nicht etwa um zu lesen oder musik hören. nein. um einen plan zu schmieden, der ihre geschiedenen eltern wieder zusammenbringen soll. vor allem aber experimentiert sie mit allen körperöffnungen, lebt ihre ganz eigenen vorstellungen von sexualität und hygiene . irritiert sind nicht nur die krankenpfleger. sondern auch ich. hämorrhoiden, analverkehr - lasse ich noch in meinen politsch-korrekten alltag einfliessen. aber diverse toilettenexperimente (das absichtliche herumrutschen der protagonistin mit ihrer muschi auf einer öffentlichen toilette) und ausgefallenere masturbationsvarianten (...) hauchten mir regelrecht übelkeit ein.
atemlos- und mit schmuckloser, sehr direkter sprache hetzt roche von tabu zu tabu. manchmal müssen neologismen her, wenn dem duden bei roches detailverliebtheit die worte ausgehen.
für verkrustete spermareste unterm fingernagel - führt sie das wort sexandenkenkaubonbon ein.
die schockeffekte wirken zunächst wie eine billige provokation. sollte es wohl nicht sein. roche setzt mit ihrer heldin nur um, was bereits seit '68 in sachen gleichberechtigung von frauen gefordert wird. und dann liest sich das smegma hinterm ohrläppchen als plädoyer für ein positives verhältnis zum eigenen körper und zur sexualität.

nun: für lange zugfahrten, gegen durchblutungsstörungen (ekel-blässe wechselt schamesröte verdammt schnell ab) & als persönliche voyeuristische plattform - ein wahres hilfsmittel.